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Die wichtigsten Gesetzesänderungen im Arbeitsrecht 2024

Der Mindestlohn steigt, das Hinweisgeberschutzgesetz gilt fast überall, die Betriebsratsvergütung kommt und das Arbeitszeitgesetz wohl noch nicht. Im nächsten Jahr treten wieder zahlreiche Gesetze in Kraft, andere sind noch in der Planung.

Das neue Jahr steht in den Startlöchern – und mit ihm eine Menge Änderungen. Hier ein Überblick, was Beschäftigte und Interessenvertreter wissen müssen:

 

Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro. Zuletzt war der Mindestlohn am 1. Oktober 2022 von 10,45 Euro auf 12 Euro die Stunde erhöht worden.

 

Inflationsausgleichsprämie

Arbeitgeber, die das noch nicht getan haben, können ihren Beschäftigten eine steuerfreie Prämie bis zu einem Betrag von 3.000 € zahlen, um die finanziellen Belastungen in Folge der Inflation abzufedern. Das ist die sogenannte Inflationsausgleichsprämie. Der Betrag kann auch in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt werden. Deadline ist der 31.12.2024. Wichtig: Der Betriebsrat hat hier – sofern es keine tarifvertraglichen Regelungen gibt – bei der Verteilung der Prämie ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Arbeitnehmer erhalten die Prämie brutto für netto. Für Arbeitgeber fallen keine Nebenkosten an.

 

Betriebsratsvergütung

Anfang 2024 treten voraussichtlich wichtige Regelungen zur Betriebsratsvergütung in Kraft. Dabei bleiben die durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Vergütung – vor allem das Ehrenamtsprinzip – bestehen. Weiterhin spielen die „Vergleichspersonen" als Maßstab für die Honorierung des Betriebsrats eine maßgebliche Rolle. Vergleichspersonen sind solche, die zum Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes einen ähnlichen Job ausüben wie der Betriebsrat. Dieser erhält mindestens dasselbe Gehalt wie die Vergleichsperson. Es ist eine Untergrenze. Arbeitgeber und Betriebsräte können explizit Betriebsvereinbarungen über die Vergleichspersonen abschließen.

Betriebsräte müssen sich allerdings mit diesem Mindestgehalt nicht zufriedengeben. Durch eine Änderung in § 78 BetrVG wird klargestellt, dass sich das Gehalt eines Betriebsrats besser entwickeln kann als das der Vergleichsperson. Während des Amtes erworbene Zusatzqualifikationen werden künftig berücksichtigt, wenn diese Qualifikationen für eine konkrete freie Stelle nützlich sein können, die der Betriebsrat nur wegen des Amtes nicht ausüben kann. Der Betriebsrat hat sogar neuerdings einen einklagbaren Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Gehaltserhöhung entsprechend der besser dotierten Stelle.

 

Hinweisgeberschutzgesetz

Seit Dezember 2024 sind alle Unternehmen ab 50 Beschäftigte und alle Dienststellen verpflichtet, jeweils eine interne Meldestelle einzurichten, bei der Beschäftigte bestimmte Missstände aus dem Arbeitsumfeld melden können. Es geht vor allem um Straftaten, aber auch um Verstöße gegen Arbeits- und Gesundheitsschutzbestimmungen.

Zudem können auch bestimmte Verstöße gegen Mitbestimmungsrechte gemeldet werden. Die hinweisgebenden Personen werden weitreichend vor arbeitsrechtlichen Sanktionen geschützt.

 

Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz

Ab dem 1. Januar 2024 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten. Vorher kam das Gesetz nur für Großunternehmen zur Anwendung. Das Gesetz soll die Einhaltung zentraler Menschen- und Umweltrechte entlang der kompletten Wertschöpfungskette verbessern. Die Geschäftsleitung muss - durch eine bereits in Kraft getretene Neuregelung in § 106 Abs. 3 Nr. 5b) BetrVG - den Wirtschaftsausschuss zu allen Sorgfaltspflichten nach dem neuen Gesetz unterrichten.

Bei der Umsetzung des Gesetzes in den Betrieben sind zahlreiche Mitbestimmungsrechte betroffen. So unterliegt die Einrichtung eines Risikomanagements in den Unternehmen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung im Betrieb).

 

Telefonische Krankschreibung

Seit Dezember 2023 gilt für leichtere Erkrankungen die Möglichkeit für Beschäftigte, sich beim Arzt telefonisch krankschreiben zu lassen, wenn der Patient dort bekannt ist. Während der Corona-Pandemie hat sich das Verfahren bewährt. Damals war die telefonische Krankschreibung auf leichte Atemwegserkrankungen begrenzt. Nun werden alle Krankheitsbilder mit "absehbar nicht schwerem Verlauf" abgedeckt. Die Krankschreibung darf aber nicht mehr als fünf Tage umfassen. Details hier: »Wie die telefonische Krankschreibung funktioniert«.

 

Neuregelung beim Kinderkrankengeld

Ab 1. Januar 2024 gibt es wichtige Neuerungen beim Kinderkrankengeld. Gesetzlich krankenversicherte Eltern werden nun sogar bis zu 15 Arbeitstage pro Kind, das jünger als zwölf Jahre ist, Kinderkrankengeld beziehen können, Alleinerziehende 30 Arbeitstage. Allerdings muss die Krankenkasse nur dann für den Arbeitgeber einspringen, wenn die Entgeltfortzahlung bei vorübergehender persönlicher Verhinderung (§ 616 BGB) vertraglich abbedungen worden ist.

 

Ausbildungsgarantie

Junge Menschen, die keine Ausbildung finden, haben ab 1. August 2024 eine Garantie auf einen Lehrplatz. Genauer gesagt: Wird trotz aller Bemühungen kein betrieblicher Ausbildungsplatz gefunden, haben Jugendliche Anspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung. Jugendliche, die ihre Berufswahl noch nicht abschließend getroffen haben, kann die Agentur für Arbeit zudem ab 1. April 2024 bei einem Berufsorientierungspraktikum unterstützen. Dabei werden beispielsweise die Fahrtkosten übernommen.

 

Unklarheit beim Arbeitszeitgesetz

Leider ist völlig unklar, wie es mit der Reform des Arbeitszeitgesetzes weitergehen soll. Das BAG hatte bereits am 22.9.2022 entschieden, dass die Arbeitgeber verpflichtet sind, alle Arbeitszeiten aller Beschäftigten zu erfassen. Dies sei im Sinne des Gesundheitsschutzes zwingend. Allgemein war erwartet worden, dass rasch eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes kommen würde, um die Details für die Praxis unmissverständlich zu regeln. Ein vom Bundesarbeitsministerium im April vorgelegter Referentenentwurf befindet sich allerdings weiterhin in der Abstimmung. Teilweise liest man, dass im April 2024 mit einem neuen Entwurf zu rechnen sei.

 

Unklarheit für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz

Die Bundesregierung hat in ihrer jüngst veröffentlichten Digitalstrategie angekündigt, kurzfristig einen Entwurf für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz vorzulegen. Durch das neue Gesetz soll von den Öffnungsklauseln der Datenschutzgrundverordnung Gebrauch gemacht werden, „um mit einem modernen, handhabbaren Beschäftigtendatenschutzgesetz Rechtsklarheit für Arbeitgeber sowie Beschäftigte zu schaffen und die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten effektiv zu schützen“. Es wird mit Spannung erwartet, ob und mit welchen Regelungen dieses Gesetzesvorhaben umgesetzt wird.

 

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