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Wann freigestellte Betriebsräte Schichtzulagen erhalten

Der Arbeitgeber muss Mitglieder des Betriebsrats von ihrer Tätigkeit freistellen. Das Arbeitsentgelt darf er deshalb nicht mindern. Pauschale Schichtzulagen muss er weiterzahlen, es sei denn der Schichtbetrieb wird eingestellt. Dann fällt diese Pauschale weg – so nun das LAG Baden-Württemberg.

Betriebsratsmitglieder dürfen keine Nachteile durch die Amtsübernahme erleiden. Doch wie sieht es im Detail aus? Vor allem mit der Vergütung von Schichtzulagen? Das ist hier die Frage.


Das war der Fall

Es geht um die Vergütung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds. Dieses war vor Amtsübernahme als Dreher im 3-Schichtbetrieb mit entsprechenden Schichtzulagen beschäftigt. Das Betriebsratsamt übt er in Tagschicht aus, erhält aber weiterhin die Schichtpauschale in Höhe von 1.013, 75 € brutto. Das monatliche Bruttogehalt beträgt folglich 7.400 € brutto.

Wegen Auftragsmangels wird der Schichtbetrieb im Jahr 2017 eingestellt, die Beschäftigtenzahl deutlich reduziert. Die Zahlung der Schichtzulagen stellt der Arbeitgeber für alle Beschäftigten ein – folglich auch für das Betriebsratsmitglied. Es verlangt nun die Weiterzahlung dieser Schichtzulagen.


Das sagt das Gericht

Das LAG gibt dem Betriebsratsmitglied nicht Recht. Eine Zahlung von Schichtzulagen nach Einstellung des regulären Schichtbetriebs ist nicht berechtigt. Die entsprechenden Überzahlungen muss das Betriebsratsmitglied zurück erstatten.

Das Gericht begründet seine Entscheidung wie folgt:


a) Verbot der Benachteiligung beim Gehalt

Betriebsratsmitglieder dürfen durch die Übernahme des Betriebsratsamts keine Nachteile und keine Einkommenseinbußen erleiden. Sonst würde niemand mehr dieses wichtige Amt übernehmen. Daher gilt im Prinzip die Vergütungsfortzahlungspflicht. Da für das Betriebsratsamt kein eigener Vergütungsanspruch vorgesehen ist und ein solcher auch mit dem Ehrenamt nicht vereinbar wäre, erhält jedes Betriebsratsmitglied mit Amtsübernahme das Gehalt weiter, das es verdient hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit geleistet, sondern gearbeitet hätte (§ 37 Abs. 2 BetrVG). Das gilt für freigestellte, teil- und nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder. Zum Arbeitsentgelt gehören neben der Grundvergütung sämtliche Zuschläge für Mehr-, Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit (sog. Lohnausfallprinzip). Daher fallen auch pauschale Schichtzulagen unter diese weiter zu zahlende Vergütung.


b) Maßstab: Situation vergleichbarer Arbeitnehmer

Allerdings gilt für diese Vergütungsfortzahlungspflicht immer strikt eine »hypothetische Betrachtung«. Das heißt: es ist genau das Gehalt »vergleichbarer Arbeitnehmer« zu zahlen. Und diese hypothetische Betrachtung kann eben auch negativ ausfallen. Im hier entschiedenen Fall waren die Schichtzulagen wegen Schließung des Produktionsbereichs und Einstellung der Schichtarbeit auch für alle anderen Schichtarbeiter entfallen.

  • Das gilt dann eben auch für das Betriebsratsmitglied. Der Kläger wäre mit der Stilllegung des Produktionsbereiches ohne seine Freistellung ggf. in eine andere Betriebsabteilung übernommen worden. In jedem Fall hätte er die Schichtzulage dann aber nicht mehr erhalten.
  • Eine Weiterzahlung der Schichtzulage würde dann – so das LAG - zudem zu einem Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG führen, der nicht mit dem Ehrenamtsprinzip des Betriebsrats vereinbar ist.
  • Der Anspruch auf Schichtzulage ist nach Meinung des LAG auch nicht Bestandteil der Alterssicherung nach dem Tarifvertrag.


Das muss der Betriebsrat beachten

Es gilt für Betriebsratsmitglieder eigentlich strikt der Grundsatz der Gehaltssicherung. Ihnen dürfen durch die Amtsübernahme keine finanziellen Nachteile entstehen. Betriebsratsmitglieder, die vorher in erheblichem Umfang durch Schicht- oder Nachtarbeit finanzielle Zulagen erhalten, müssen diese behalten dürfen, auch wenn sie nicht mehr in Schicht arbeiten.

Dieser Grundsatz ist wichtig, den hat das LAG hier bekräftigt. Allerdings gilt diese Fortzahlungspflicht nicht mehr, wenn die Produktion so umgestellt wird, dass keinerlei Schichtbetrieb mehr läuft. Denn neben der Gehaltssicherung gilt der Grundsatz, dass immer zu schauen ist, wie das Betriebsratsmitglied verdienen würde, wenn er weiter seiner regulären Tätigkeit nachginge.


Quelle: www.bund-verlag.de